Archive for the Thüringen Category

Weiße Schneewüsten – weichgespülte Welt

Posted in Allgemeines, Thüringen on Dezember 8, 2010 by claudiasblogwelt

Gestern im Auto, unterwegs nach Jena. Kurz nach Mellingen fällt mir die Kontaktlinse aus dem Auge, ein Debakel, wenn man so schlecht sieht, wie ich. Vor mir nur noch ein graues Band – die vermeintliche Straße – ansonsten um mich herum weiße Schneewüste. Wer kurzsichtig ist, weiß, dass sobald man ohne Sehhilfe ist, die Welt wie durch einen Weichzeichner erscheint. Es gibt keine scharfen Konturen mehr, alles ist irgendwie verwischt, als ob man einmal mit dem Radiergummi quer durchs Bild gegangen ist. Unschön, wenn der Straßenrand mit Schneerändern sowieso schon ausgefranst ist. Wo ist Straße, wo ist Ackerende? Und die Kontaktlinsenträger unter euch wissen vielleicht, dass man mit einer Kontaktlinse im Auge zwar noch viel besser gucken kann, als mit gar keiner, das Gehirn aber gut zu tun hat, die nunmehr unterschiedlichen Sehschärfen auszugleichen. Man denkt, man schielt. Und hat – zumindest ist es bei mir so – ein viel schlechteres räumliches Vorstellungsvermögen, ich kann nur noch schlecht Entfernungen abschätzen. Es war eine Knobelei, das Auto noch vernünftig bis zur Umpferstedter Tankstelle zu bugsieren. Die Kontaktlinse hatte ich mir zum befeuchten in den Mund gesteckt (Bakterienalarm), weil ich natürlich auch keine Lösung dabei hatte, und mit viel Gefrickel beim Halten wieder ins Auge geschoben. Das Auge tränte, mein Augenmakeup löste sich in Wohlgefallen auf, und so war ich nur noch halbgesichtig geschminkt. Die Weiterfahrt nach Jena war trotzdem schön, die verschneiten weiten Flächen, und die weißen Baumkronen, entschädigten für die vorherigen Probleme. Und heute? Regen! Good Bye, du weiße Schneepracht.

Wäre mir die Kontaktlinse erst vor dem neuen Globus-Kreisel rausgefallen, wäre ich vielleicht auch über die Rabatten gefahren, wie die Frau, die neulich alkoholisiert quer über den Kreisverkehrshügel drübergeschrubbt ist. Ein Spaß.

 

Kostenloses Museum in Erfurt

Posted in Kostenloses, Thüringen on Oktober 28, 2010 by claudiasblogwelt

Hier ein Tipp für alle Museumsfans in Erfurt:

An jedem ersten Samstag im Monat können die Erfurter Museen kostenlos besucht werden.

Eintritt frei für alle ist auch an den anderen Öffnungstagen jeweils eine Stunde vor Schließung der Museen.

Museen

Alte Synagoge
Waagegasse 8, 99084 Erfurt
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Angermuseum
Anger 18, 99084 Erfurt
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Barfüßerkirche
Barfüßerstraße 20, 99084 Erfurt
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Born-Senf-Museum
Wenigemarkt 11, 99084 Erfurt
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Burg Gleichen
99869 Wandersleben
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Deutsches Gartenbaumuseum
Gothaer Straße 50, 99094 Erfurt
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Druckereimuseum und Schaudepot im Benary-Speicher
Brühler Straße 37, 99084 Erfurt
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Elektromuseum
Schlachthofstraße 45, 99084 Erfurt
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Forum Konkrete Kunst
Peterskirche, 99084 Erfurt
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Margaretha-Reichardt-Haus
Am Kirchberg 32, 99094 Erfurt
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Museum für Thüringer Volkskunde
Juri-Gagarin-Ring 140a, 99084 Erfurt
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Museum Neue Mühle
Schlösserstraße 25a, 99084 Erfurt
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Naturkundemuseum
Große Arche 14, 99084 Erfurt
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Schloss und Park Molsdorf
Schloßplatz 6, 99192 Erfurt
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Stadtmuseum
Johannesstraße 169, 99084 Erfurt
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Wasserburg Kapellendorf
Am Burgplatz 1, 99510 Kapellendorf
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Hospitalplatz 15, 99084 Erfurt

Kennt ihr „Arnstadt“?

Posted in Kunst, Thüringen on Oktober 25, 2010 by claudiasblogwelt

Was soll man über Arnstadt schreiben? Kennen tun es wohl die meisten, aber richtig dort gewesen ist bisher kaum jemand. Etwas abseits liegt es, nicht direkt in der Peripherie zwischen Erfurt – Weimar – Jena, aber weltweit bekannt ist es dennoch. Dazu beigetragen hat vor allem die Musikerfamilie Bach, die hier lebte und wirkte. Johann Sebastian Bach war hier vier Jahre lang Organist in der Bachkirche. Deswegen verirren sich häufig auch mal amerikanische oder japanische Touristen ins Städtchen, einfach, weil sie Bach lieben. Aber lieben sie auch Arnstadt? Vielleicht – es ist ein schönes Städtchen. Empfehlenswert für einen Tagesausflug, den man mit dem Besuch des Wachsenburgensembles (siehe Artikel zu Meiningen) oder dem Fabrikverkauf im Schokoladenwerk Rotstern (Werksverkauf Rotstern GmbH & Co. KG, Carl-Miele-Straße 6, 99334 Thörey, Öffnungszeiten*: Montag bis Freitag von 09:00 Uhr bis 17:00 Uhr, Produkte:Schokoladen, Pralinen, Waffeln, Fruchtgummi, Fruchtdrinks) verbinden kann. Zudem liegt Arnstadt direkt an der A4, so dass man schnell für einen Abstecher dort ist.

Wir haben uns Arnstadt an einem Freitagmittag angeschaut, und man kann innerhalb von zwei Stunden bequem das Stadtzentrum erkunden. Natürlich kann man sich auch mehr Zeit lassen und vor allem die Museen besichtigen, aber für einen ersten Eindruck reichen wenige Stunden. Begonnen haben wir unseren Rundgang auf dem Marktplatz. Es war grad Wochenmarkt, aber das Angebot war gelinde gesagt, spärlich. Ein Käse- und ein Wurstwagen, Blumen … mehr nicht. Kunden war keine unterwegs. Überhaupt, die Stadt war leer. Wo waren die Menschen? Vielleicht lag es aber auch an den frostigen Temperaturen, dass sich die Arnstädter nicht rausgetraut hatten. Aber so hatten wir das Flair der Stadt für uns allein, was auch nicht schlecht war. Zunächst blickten wir auf den Rathausturm mit dem zugehörigen Glockenspiel. Eine interessante Sache.  Das Rathaus selbst ist wie unschwer zu erkennen ist im niederländischen Stil gebaut. Wir waren pünktlich 12 Uhr vor Ort, als das „Spektakel“ losging. Der wilde Mann und die wilde Frauen schwingen ihr Glöckchen, während ein Adler bei jedem Glockenschlag mit den Flügeln schwingt. Das ist witzig. Vor allem das wilde Paar hatte es uns angetan. Was hatte die Baumeister im 16. Jahrhundert bloß dazu getrieben, das Rathaus mit wilden Menschen zu verzieren? Interessant auch das Fell der beiden, so hat merkwürdigerweise das Gesicht, der Busen und der Bauch der wilden Frau kein Pelzbezug, beim Mann wurden die Knie ausgespart. Im Vordergrund des Rathauses waren schöne Galeriegänge, dort haben früher die Tuchmacher ihre Stände gehabt. Heute gibts dort aber nur noch eine Apotheke und das Wohnhaus einer Heimatdichterin. Vom Marktplatz ging es dann zur Liebfrauenkirche. Die ist wirklich toll. Hier eine Impression:

Hätten die Arnstädter nicht so eine schnittige Fahrweise (sie rasen mit 80km/h durch die engsten Altstadtgassen), würde man sich tatsächlich ins Mittelalter zurückversetzt fühlen. Die Kirche, eines der wichtigsten Bauten des 13. Jh in Thüringen, haben wir natürlich auch besichtigt. Ein spirituelles Erlebnis hatten wir allerdings nicht (siehe Artikel zum Mainzer Dom).

Schön dargestellt, die Verschränkung zwischen Herrscher und Kirche.

Danach ging es weiter durch enge Gassen zum ehemaligen Kloster. Etwas erschrocken hatte ich mich allerdings, als nämlich in einem Fenster ein Mann stand, der Mutter-Bates-mäßig auf mich herunterstarrte. Der Charme der Arnstädter erschließt sich einem nicht auf Anhieb. Auch Statik ist schwierig.

Nun kamen wir zum Ried. Hier muss einmal viel los gewesen sein, denn als Kreuzungspunkt von zwei Handelsstraßen zog die Stadt viele Händler an. Davon Zeugnis gibt der Platz am Ried, wo immer noch einige Gasthöfe von den damaligen Zechgelagen und der Internationalität des Ortes künden. Wir gingen shoppen in einem der wenigen Läden am Platze, dem „Mc Pfennig“. Wer gerne stöbert, wird dort fündig, wir kauften spottbillige Bilder für unsere Küche, Bücher und Haushaltswaren á 50 Cent. Derzeitiger Verkaufshit: Weihnachtsartikel aus Fernost. Von „Mc Pfennig“ führte uns dann der Weg zum ehemaligen Schloss, wovon nur noch der Turm übrig geblieben ist und zum neuen Palais. Auf dem Hinweg verstrickten wir uns in eine Diskussion, ob es in Palais eigentlich immer kalt ist? Es gibt ja z.B. den Winterpalais, in Weimar den Wittumspalais, und etliche andere… Aber assoziiert man  damit immer Kälte? Mir ist das nicht so recht klar. Im Arnstädter Palais ist eigentlich das Highlight der Stadt untergebracht, eine historische Puppenstubensammlung mit Namen „Mon Plaisir“. Übrigens eine der weltgrößten Sammlungen dieser Art. Meine bessere Hälfte schmetterte einen Besuch mit folgenden Satz gleich ab: „Ich glotz mir doch keine Puppenstuben an“ – aber das war okay. Dafür gab es dann noch für 1,25 eine Bratwurst am Stand der Fleischerei Zitzmann. Frisch gestärkt beenden wir unseren Besuch in Arnstadt.

Die Thüringophilie des gemeinen Westfalen

Posted in Dortmund, Thüringen on April 25, 2010 by claudiasblogwelt

Eingebettet in die hiesigen urbanen Strukturen haben wir heute in der Dortmunder Nordstadt ein weiteres aussagekräftiges Indiz für die Thüringen-Besessenheit des gemeinen Westfalen entdeckt.

Ein Testessen in diesem Relikt Thüringer Gastlichkeit ist fest eingeplant.

„Schatzfund“ zwischen Weimar und Apolda

Posted in die gute Lebensführung, DIY: alles Selbstgemacht, Interieurdesign, Kostenloses, Kunst, Thüringen, Weimar on April 25, 2010 by claudiasblogwelt

Beim Nordic-Walken rund um Taubacher Wiesen und Felder stieß ich letzten Sonntag auf einen großen Graben, der mit schwerem Gerät quer durchs Feld gezogen wurde. Es war wohl kein Relikt aus dem Stellungskrieg, sondern das Wasser sollte von den Feldern ablaufen – jedenfalls war das meine spontane Sofort-Erklärung.  Am Rand dieser Erdmassen suchte ich sofort nach Schätzen, denn man weiß ja nie was die Bauern früher in den Feldern verbuddelt haben. Gefunden habe ich jedoch nur eine flaschengrüne Scherbe, besser gesagt ein äußerst robuster Flaschenboden einer antiken Mostflasche. Da so ein alter Flaschenboden sicher hübsch als Teelichthalter dienen könnte, nahm ich ihn mit heim. Tatsächlich macht er sich nett in einem Arrangement mit Kap-Arkona-Steinen, die ich als Deko auf dem Couchtisch liegen habe. Den Flaschenboden habe ich noch mit Nagellack angepinselt, so daß er jetzt zu den Steinen passt. Hier das Ergebnis:

Das Trojanische Lama: Neuadaption

Posted in Kunst, Weimar on Februar 23, 2010 by claudiasblogwelt

Am Wochenende gesehen in Weimar: ein Spucktier auf Rädern, mit Ziehschnur. Letztmalig in echt gesehen in Jena, wahrscheinlich im Jahr 2003. Hier dargestellt: noch kreativer als der Juri-Gagarin an der Mellinger Grundschule. Wunderbares Gebäudedesign, überwältigende Formensprache. Dieses Kunstwerk, an der Pestalozzi-Grundschule in Weimar angebracht, erscheint zunächst ein bisschen durchgeknallt, ist aber eine Parabel auf das Leben: die Frauen sitzen auf dem hohen Ross, und die Männer  haben blaue Arbeitshosen an. Ein Hoch auf die Zeit, wo die Welt noch in Ordnung war und es noch Werte gab: die Vormachtstellung und gesellschaftliche Partizipation der Frau,  der Sozialismus und unsere Freundschaft mit den süd- und lateinamerikanischen Ländern.

Einmal Meiningen und zurück

Posted in Thüringen on Juni 24, 2009 by claudiasblogwelt

Aus nicht näher zu erörternden Gründen habe ich gestern einen Ausflug in den Thüringer Wald gemacht, mit der Bahn. Da ich als Noch-Studentin nichts dafür bezahlen muss, wenn ich auf dem Thüringischen Schienennetz unterwegs bin, kann man auf diese Weise ruhig öfters mal durch die Gegend fahren. Zumindest wenn man dafür triftige Gründe hat. Das Wetter war angenehm, und so beschlossen auch alle Schulklassen, ihren letzten Schultag vor den Ferien auf den Schienen zu verbringen. In friedlicher Koexistenz fuhren wir zusammen nach Weimar. Dort brach erstmals Chaos aus, da sich die bisher separierten Schülergruppen zu einem einzigen Pulk formierten, der sämtliche Fortbewegung auf den Bahngleisen zum Erliegen brachte. Kinder über Kinder – da lachte mein Pädagogenherz. Mein innerer Scheinehund, der es gern bequem hat, der wollte andererseits einen schönen Sitzplatz am Fenster. Dieser innere Konflikt konnte jedoch gelöst werden, als ich neben einem Bankazubi und zwei pferdeverrückten, schätzungsweise 12jährigen Girls Platz nahm. Ich hatte mein Fensterplatz, und die Unterhaltung obendrein. Die Mädels konnten sich aber auch für alles begeistern, jeder Halt, besonders der in Hopftown,  sorgte für absolute Ekstase. Ich erfuhr viel über Pferde, und bekam ausserdem die Zeitung Hürriyet vorgelesen, obwohl ich ganz sicher bin, die Mädels wussten nicht wirklich, was sie da eigentlich taten. In Erfurt angekommen, empfingen mich noch viel mehr Kindermassen, hier war der zentrale Sammelpunkt. Der Platz vor dem Bahnhof erinnerte mich an die früheren Fahnenappelle, die ich in meiner kommunistischen Kindervergangenheit kennen lernte. Nur das die Kinder nicht in Reih und Glied stramm stillstanden, sondern unkoordiniert den öffentlichen Raum für sich einnahmen. Aber das war schon okay. Im Zug nach Meiningen wiederholte sich das Spektakel – neben der Rentnerkaste und den Leuten, die gern festes Schuhwerk tragen,  strömten auch die Kids in den Zug. Wie ich erfuhr, sollte es nach Zella Mehlis gehen. Die Kinderfraktion hing über Computerspielen, verteilte Kartoffelchips im Abteil, fachsimpelte über Eisenbahntunnel, und informierte über ihre Ferienaktivitäten. Ein Mädel erzählte, dass sie zunächst ins Ferienlager nach Straußfurt reist, um als dann mit der Familie ein Ferienhaus in der Toskana samt Pool zu beziehen. Sehr liebreizend war die Gegend vor Arnstadt, ich überlegte, ob ich bald von Haarhausen aus eine Wanderung zur Wachsenburg unternehme. Die Perspektive aus dem rollenden Zug wirkte jedenfalls aufreizend auf einen Teilzeit-Naturfreund, der ich manchmal bin. haarhausen Ab Gräfenroda gings ins Gebirge. Die Neigetechnik des Zugs bekam mir gar nicht, mir wurde schwindlig und ich hatte Druck in den Ohren. Belohnt wurde man dafür von tollen Aussichten auf Wildbäche, grüne Berge und Thüringer-Wald-Architektur. Auch Zugtunnel waren ein weiteres Gimmick. Bevor ich mich meinen Neurosen, die irgendwas mit Enge und Dunkelheit zu tun haben, vollends hingeben konnte, erreichten wir aber schon Oberhof. Da staunte ich noch, in welch üppigem Gebäude die Suhler Arbeitsagentur untergebracht ist, und das es einen Ort gibt, der „Rohr“ heißt, als ich auch schon in Grimmenthal ankam und in die nächste Regionalbahn in Richtung Meiningen umstieg. Es ging weiter, über Untermaßfeld. Uih, uih uih, die dortige Haftanstalt erinnerte mich an viktorianische Zuchthäuser, es war ein gruseliger Anblick.  Umso schöner dann aber das Ende meiner Reise in Meiningen. Liebreizend das Ganze, der englische Garten mit seinem kleinen Tümpeln und Brücklein, duftige Bäume und vor allem das kollosale Theater – ein echtes Prunkstück. meininger-theater_01