Kennt ihr „Arnstadt“?

Was soll man über Arnstadt schreiben? Kennen tun es wohl die meisten, aber richtig dort gewesen ist bisher kaum jemand. Etwas abseits liegt es, nicht direkt in der Peripherie zwischen Erfurt – Weimar – Jena, aber weltweit bekannt ist es dennoch. Dazu beigetragen hat vor allem die Musikerfamilie Bach, die hier lebte und wirkte. Johann Sebastian Bach war hier vier Jahre lang Organist in der Bachkirche. Deswegen verirren sich häufig auch mal amerikanische oder japanische Touristen ins Städtchen, einfach, weil sie Bach lieben. Aber lieben sie auch Arnstadt? Vielleicht – es ist ein schönes Städtchen. Empfehlenswert für einen Tagesausflug, den man mit dem Besuch des Wachsenburgensembles (siehe Artikel zu Meiningen) oder dem Fabrikverkauf im Schokoladenwerk Rotstern (Werksverkauf Rotstern GmbH & Co. KG, Carl-Miele-Straße 6, 99334 Thörey, Öffnungszeiten*: Montag bis Freitag von 09:00 Uhr bis 17:00 Uhr, Produkte:Schokoladen, Pralinen, Waffeln, Fruchtgummi, Fruchtdrinks) verbinden kann. Zudem liegt Arnstadt direkt an der A4, so dass man schnell für einen Abstecher dort ist.

Wir haben uns Arnstadt an einem Freitagmittag angeschaut, und man kann innerhalb von zwei Stunden bequem das Stadtzentrum erkunden. Natürlich kann man sich auch mehr Zeit lassen und vor allem die Museen besichtigen, aber für einen ersten Eindruck reichen wenige Stunden. Begonnen haben wir unseren Rundgang auf dem Marktplatz. Es war grad Wochenmarkt, aber das Angebot war gelinde gesagt, spärlich. Ein Käse- und ein Wurstwagen, Blumen … mehr nicht. Kunden war keine unterwegs. Überhaupt, die Stadt war leer. Wo waren die Menschen? Vielleicht lag es aber auch an den frostigen Temperaturen, dass sich die Arnstädter nicht rausgetraut hatten. Aber so hatten wir das Flair der Stadt für uns allein, was auch nicht schlecht war. Zunächst blickten wir auf den Rathausturm mit dem zugehörigen Glockenspiel. Eine interessante Sache.  Das Rathaus selbst ist wie unschwer zu erkennen ist im niederländischen Stil gebaut. Wir waren pünktlich 12 Uhr vor Ort, als das „Spektakel“ losging. Der wilde Mann und die wilde Frauen schwingen ihr Glöckchen, während ein Adler bei jedem Glockenschlag mit den Flügeln schwingt. Das ist witzig. Vor allem das wilde Paar hatte es uns angetan. Was hatte die Baumeister im 16. Jahrhundert bloß dazu getrieben, das Rathaus mit wilden Menschen zu verzieren? Interessant auch das Fell der beiden, so hat merkwürdigerweise das Gesicht, der Busen und der Bauch der wilden Frau kein Pelzbezug, beim Mann wurden die Knie ausgespart. Im Vordergrund des Rathauses waren schöne Galeriegänge, dort haben früher die Tuchmacher ihre Stände gehabt. Heute gibts dort aber nur noch eine Apotheke und das Wohnhaus einer Heimatdichterin. Vom Marktplatz ging es dann zur Liebfrauenkirche. Die ist wirklich toll. Hier eine Impression:

Hätten die Arnstädter nicht so eine schnittige Fahrweise (sie rasen mit 80km/h durch die engsten Altstadtgassen), würde man sich tatsächlich ins Mittelalter zurückversetzt fühlen. Die Kirche, eines der wichtigsten Bauten des 13. Jh in Thüringen, haben wir natürlich auch besichtigt. Ein spirituelles Erlebnis hatten wir allerdings nicht (siehe Artikel zum Mainzer Dom).

Schön dargestellt, die Verschränkung zwischen Herrscher und Kirche.

Danach ging es weiter durch enge Gassen zum ehemaligen Kloster. Etwas erschrocken hatte ich mich allerdings, als nämlich in einem Fenster ein Mann stand, der Mutter-Bates-mäßig auf mich herunterstarrte. Der Charme der Arnstädter erschließt sich einem nicht auf Anhieb. Auch Statik ist schwierig.

Nun kamen wir zum Ried. Hier muss einmal viel los gewesen sein, denn als Kreuzungspunkt von zwei Handelsstraßen zog die Stadt viele Händler an. Davon Zeugnis gibt der Platz am Ried, wo immer noch einige Gasthöfe von den damaligen Zechgelagen und der Internationalität des Ortes künden. Wir gingen shoppen in einem der wenigen Läden am Platze, dem „Mc Pfennig“. Wer gerne stöbert, wird dort fündig, wir kauften spottbillige Bilder für unsere Küche, Bücher und Haushaltswaren á 50 Cent. Derzeitiger Verkaufshit: Weihnachtsartikel aus Fernost. Von „Mc Pfennig“ führte uns dann der Weg zum ehemaligen Schloss, wovon nur noch der Turm übrig geblieben ist und zum neuen Palais. Auf dem Hinweg verstrickten wir uns in eine Diskussion, ob es in Palais eigentlich immer kalt ist? Es gibt ja z.B. den Winterpalais, in Weimar den Wittumspalais, und etliche andere… Aber assoziiert man  damit immer Kälte? Mir ist das nicht so recht klar. Im Arnstädter Palais ist eigentlich das Highlight der Stadt untergebracht, eine historische Puppenstubensammlung mit Namen „Mon Plaisir“. Übrigens eine der weltgrößten Sammlungen dieser Art. Meine bessere Hälfte schmetterte einen Besuch mit folgenden Satz gleich ab: „Ich glotz mir doch keine Puppenstuben an“ – aber das war okay. Dafür gab es dann noch für 1,25 eine Bratwurst am Stand der Fleischerei Zitzmann. Frisch gestärkt beenden wir unseren Besuch in Arnstadt.

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